28 Jul Auf dem Rheinburgenweg von St. Goar nach Oberwesel
Die einzelnen Etappen des Rheinburgenwegs haben sehr unterschiedlichen Charakter. Die 10. Etappe ist recht kurz, dafür aber eine der schönsten.
Sobald wir in St. Goar aus dem Bahnhof treten, stehen wir auch schon am Startpunkt dieses Streckenabschnitts. Wir wenden uns kurz nach links, gehen durch die Unterführung und folgen dann der Wegmarkierung für den Rheinburgenweg über die Treppenstufen bergauf. Es sind nicht wenige, da kommt man schnell ein wenig außer Atem. Aber schon hier in diesem ersten steilen Anstieg lockt gleich ein erstes Highlight. Rechter Hand im Hang rauscht ein schmaler Wasserfall über den Fels.
Das sollte sogleich den eventuell aufkommenden Unmut über den langen Anstieg im Keim ersticken. Es ist ein erster Hinweis auf die vielen Schönheiten, die uns noch erwarten. Wenn wir uns an dieser Stelle umdrehen, sehen wir unter uns die Stadt und den Fluss liegen. Von hier oben ebenfalls sehr schön zu sehen ist auf der gegenüberliegenden Rheinseite das sehr schmale und scharf eingeschnittene Seitental des Hasenbaches, das so typisch ist für diese Region.
Rechts darüber auf dem Hügel liegt Burg Katz. Nach einer wechselvollen Geschichte wurde sie im Jahr 1806 von Napoleon gesprengt, 1896 von einem Privatmann gekauft und ohne große Rücksicht auf die mittelalterliche Anlage wieder aufgebaut. Heute befindet sie sich in privaten Besitz und ist nicht zu besichtigen.
Blick zurück
Irgendwann hören die Treppen auf, aber es geht noch ein Stück weiter bergauf. Jetzt auf schmalem, aber immer noch mit Geländer gesichertem Steig führt die Markierung für den Rheinburgenweg durch den grünen Laubwald. Fantasien kommen auf. Irgendwie erwartet man, dass Robin Hood gleich um die nächste Kurve kommt.
Schließlich aber kommen wir auf dem oberhalb gelegenen Rheinplateau an. Bei einem Rastplatz bietet sich dann ein weiterer spektakulärer Blick auf das gegenüberliegende Ufer mit St. Goarshausen und dem Fähranleger sowie auf Burg Katz. St. Goarshausen darf sich stolz Loreleystadt nennen, denn auf seinem Gebiet liegt der weltbekannte Fels, der so oft besungen und bedichtet wurde.
Vielbesungen
Aber die schönsten Loreleyblicke warten ja noch auf uns Wanderer. Es geht jetzt auf dem Rheinplateau oberhalb der steilen Hänge vorbei an Ackerland. Die hier oben rechter Hand auf der alten Rheinterasse liegenden Häuser gehören zur Gemeinde Urbar.
Der Blick nach links zum Fluss ist meist durch Hecken und Bäume verstellt. Wenn sich die Aussicht nach unten ins Rheintal und die gegenüberliegenden Höhen öffnet, bieten sich immer wieder überraschend grandiose Blicke auf den Loreleyfelsen, der die engste Stelle im gesamten schiffbaren Bereich des Rheins markiert. Als sogenannter Härtling hat er den Kräften des Wassers widerstanden, als sich dieses in den Rheingraben einfraß.
Durch die Enge erhöht sich die Durchflussgeschwindigkeit des Rheins. In Verbindung mit dem engen S-förmigen Verlauf, den der Rhein hier nimmt, und den vielen Felsen im Flussbett, die früher den Schiffsverkehr zusätzlich behinderten, entstand so eine für die Schifffahrt äußerst problematische Situation, die auch heute noch zu spektakulären Unglücken führt. Die Felsen im Flussbett wurden zwar gesprengt, aber noch immer handelt es sich an der Loreley um eine schwierige Passage, die deshalb bei Bedarf durch Lichtsignale geregelt wird.
Die Väter der Rheinromantik
Der nächste Aussichtspunkt, den wir am Rande der Hochfläche erreichen, darf sich dann auch Loreleyblick nennen. Ein schlichtes Holzschild mit der berühmten Liedzeile »Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, dass ich so traurig bin« und den Namen von Brentano, Heine und Silcher krönt diese Stelle. Die drei Herren gelten als Väter des Loreleyliedes. Brentano schuf einen neuen Mythos, indem er geschickt alte Geschichten zu einer neuen Legende verband, Heine schuf das Liedmotiv, zu dem Silcher dann die einprägsame Melodie erdachte.
Hinter dem Aussichtspunkt lockt die Wegmarkierung den Wanderer nun auf einen schmalen Pfad in den Wald. Es geht ein Stück bergab, bis ein kleiner Bachlauf die tiefste Stelle des Einschnitts markiert. Ab hier geht es wieder im schattigen Grün des Laubwaldes bergauf.
Ab und an öffnet sich auch durch das Blätterwerk der Bäume ein vignettenartiger Blick hinunter auf den deutschesten aller Flüsse, auf den Campingplatz gegenüber dem Loreleyfelsen und auf die Loreley selbst.
Maria Ruh – ein Platz auch für uns
Schließlich aber geht es wieder hinaus aus dem Grün des Waldes und vor uns öffnet sich das Areal des Landschaftsparks Maria Ruh. Es gibt ein Café, aber auch genügend Möglichkeiten sich außerhalb des Lokals niederzulassen. Ein kleiner Pavillon lädt zum Platznehmen ein. Jetzt heißt es: Pause machen. Wir befinden uns jetzt direkt gegenüber vom Loreleyfelsen. Der Felsen selbst ist ja nicht der höchste Punkt, sondern markiert nur den äußersten Vorsprung zum Rheintal hin.
Oberhalb des Felsens dehnt sich genau wie auf unserer Seite das Plateau der obersten Rheinterrasse. Dort befinden sich ein Festivalgelände mit Freilichtbühne, das Besucherzentrum und dahinter erstreckt sich Gebiet des Landschaftsparks. Besucherzentrum und Landschaftspark entstanden anlässlich der Expo 2000.
Nach ausgiebiger Rast geht es wieder ein Stück in das Grün des Laubwaldes hinein. Aber nur für ein kurzes Stück, dann führt uns der Weg wieder hinaus in die Ackerlandschaft auf dem Plateau. Linker Hand liegt dann noch – fast ein wenig versteckt – eine weitere Schutzhütte mit Aussicht auf das Rheintal.
Entscheidung am Rheinburgenweg: Klettersteig oder Skulpturenpfad
Kurz dahinter führt rechts direkt an einem Zaun entlang ein schmaler Kiespfad ein Stück bergauf. An dessen Ende links, auf diesem Weg dann wieder eine Zeitlang auf fast gleichbleibender Höhe am Hang entlang, bis wir schließlich an einer Wegkreuzung ankommen, an der es heißt, eine Entscheidung zu treffen. Wer trittsicher und schwindelfrei ist, geht rechts ein Stück bergauf. Diese Variante ist als Ölbergsteig markiert und beinhaltet eine kleine Kletterpartie über ein paar Felsstufen, die aber mit Eisenstufen gesichert sind.
Von Trollen und Metallmenschen
Wer sich nicht sicher ist, ob eine kleine Kletterpartie für ihn das Richtige ist, geht einfach weiter geradeaus und folgt dabei dem Symbol der stilisierten Schlange. Gleich geht es nun auf diesem Streckenabschnitt schon leicht bergab in Richtung Oberwesel. Der besondere Reiz bei dieser Variante sind die Skulpturen, die am Wegrand auf den Wanderer warten.
Zunächst sind es nur zwei, drei vereinzelte Metallskulpturen von verschiedenen Künstlern, nach Überschreiten der Landstraße aber spielt sich ein fester Takt ein, in dem uns die aus Alltagsgegenständen vom Künstler Hein zusammengeschweißten Metallgestalten begrüßen. Es sind lustige, heitere Wesen, Trolle mit jeweils eigenem Charakter.
Vorübergehend geht es wieder ein Stück tiefer in den Wald, aber ob Wald oder nicht, fast überall wuchert üppig das Grün in Büschen und Hecken. Noch einmal geht es über ein Sträßchen hinüber und ganz unerwartet tut sich vor uns ein Kleinod auf: das durch die Filme der Heimat 3-Serie so bekannt gewordene Günderode-Haus.
In aller Munde: das Günderode-Haus
Schätze Dich glücklich, wenn Du einen Platz auf dem kleinen Plateau vor dem Haus ergatterst. Meist ist hier viel los. Vielleicht gibt es auch einen Platz unter der großen Eiche? Aber auch die Terrasse hinter der Gaststube bietet einen sensationellen Blick hinunter auf das südwärts gelegene Oberwesel. Mitten im Rhein leuchtet aus der Ferne Burg Pfalzgrafenstein, die niemals dauerhaft bewohnt war, sondern als Zollburg mitten in den Fluss gebaut und genutzt wurde.
Was die Stimmung ein wenig trüben könnte, sind die Preise hier oben. Okay, der Kaffeepott ist riesig, aber in der Regel kommt er aus einer Warmhaltekanne, ist also nicht frisch aufgebrüht. Saft oder Schorle gibt es auch nur in 0,4 l-Gläsern. Und das kostet dann gleich ab 4 Euro aufwärts (auch der Kaffee). Ach ja, und das alles bei Selbstbedienung hier auf der Terrasse.
Aber wir lassen uns an diesem tollen Tag auf dem Rheinburgenweg die Stimmung nicht vermiesen. Nachdem wir die spektakulären Ausblicke ausgiebig genossen haben, gehen wir zurück in Richtung Straße, biegen aber noch davor auf den zum Günderode-Haus gehörenden Parkplatz der Markierung Rheinburgenweg folgend rechts wieder ab. Er führt als schmaler Pfad durchs Gebüsch nun konsequent hangabwärts.
Noch einmal ein paar Minuten durch das Grün hier am Hang, dann endet der Pfad an einem schmalen Sträßchen, von dem man erst einmal gar nicht denkt, dass ein Auto kommen könnte. Nur ein paar Schritte auf dem Sträßchen und schon stehen wir in Oberwesel. Der Bahnhof des Ortes liegt fast am südliche Ende. Auf dem Weg dorthin gibt es noch etliche Möglichkeiten zur Einkehr.
Die wichtigsten Infos in Kürze
Rheinburgenweg Etappe 10 St. Goar – Oberwesel
Start: Bahnhof St. Goar
Ziel: Bahnhof Oberwesel
Länge der Tour: 9 km
Dauer: 3 Std. (ohne Pause)
Schwierigkeitsgrad: einfach
Symbol: Rheinburgenweg
Anreise mit dem ÖPNV: Mit der Bahn Anreise bis Bahnhof St. Goar. Rückfahrt dann ab Bhf. Oberwesel (Hinweis: Schon ab zwei Personen rentiert sich der Kauf eines Minigruppentickets im Tarifgebiet des VRM) Infos dazu unter www.vrminfo.de/home/. Mit dem Pkw: Am Ortseingang von St. Goar befindet sich am Rheinufer ein kostenloser Parkplatz.
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