Rügen – There is an Island in the sun ... - anders-wandern.de
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Rügen – There is an
Island in the sun …

Wanderungen und Ausflüge auf der Sonneninsel Rügen

»Mehr Sonne als auf Rügen gibt es nirgendwo in Deutschland. Das beweisen jedenfalls die Messungen der 217 Stationen des deutschen Wetterdienstes.« So berichtet die Ostseezeitung schon im Jahr 2013.

Ich selbst bin vor genau 20 Jahren zum ersten  Mal auf Rügen gewesen. Und als wir – die Katze und ich – uns jetzt fragten, wo man Ende Oktober noch Urlaub machen kann, bekam ich spontan Lust, mich zusammen mit meiner Liebsten noch einmal auf der Sonneninsel umzusehen.

1999 waren noch überall die Nachwirkungen der Wendezeit zu spüren. Vieles war im Umbruch, an vielen Stellen wurde renoviert bzw. neu gebaut, aber die alte DDR-Zeit war noch allerorts vorhanden. Überall begegnete ich nicht erfüllten Träumen von Freiheit, die in Frustration geendet hatten.

Damals hatte ich in Götemitz mein Domizil aufgeschlagen, das war das Ergebnis einer spontanen Entscheidung. So mitten auf der Insel schien mir damals passend. Diesmal aber haben wir uns für eine Unterkunft in der Nähe der bekanntesten Sehenswürdigkeiten entschieden, das war für uns an der Ostküste, weil wir uns Kap Arkona, Binz, Prora, den Nationalpark Jasmund und das original englische U-Boot in Sassnitz anschauen wollten.

Das passende Haus haben wir schnell gefunden: ein echter Traum, ein reetgedecktes altes Haus mit zwei Stockwerken (eigentlich zweieinhalb, denn es gab noch zwei Schlafkojen unter dem Dach) im Ortsteil Altensien, der zum bekannten Badeort Sellin gehört. Das Beste daran: Das ganze Haus war nur für uns.

Wir hatten beide eine Liste erstellt, was wir gerne sehen wollten, aber natürlich sollte auch Platz für spontane Unternehmungen sein. Das meiste davon haben wir unternommen, das eine oder andere blieb auf der Wunschliste.

Der erste Urlaubstag: Baumwipfelpfad am Naturerbezentrum

Der erste Urlaubstag sieht uns am Nachmitag auf dem Baumwipfelpfad am Naturerbezentrum Rügen. Anders als im Internet aufgeführt, gibt es keine Solokarte nur für den Aufstieg auf den Turm, die Ausstellung muss immer gleich mitgebucht werden. So sind wir jeder gleich 11 Euro los.

Es wird mir noch öfter so gehen, dass ich mich über die saftigen Preise hier wundere. Immerhin schafft man es anderenorts, nämlich in einer kleinen Hunsrückgemeinde, eine spektakuläre Hängebrücke über ein tiefes Bachtal zu spannen, die Millionen Besucher anzieht und dafür keinen Eintritt zu verlangen, sondern verlässt sich darauf, dass die Touristen das Geld in den umliegenden Gemeinden ausgeben.

Überall heißt es tief in die Tasche greifen

Von solchen Ideen ist man hier auf Rügen weit entfernt. So ähnlich, oder fast noch schlimmer ist es dann am nächsten Tag oben in Kap Arkona. Da bezahlen wir erst einmal 5,50 Euro für eine Tageskarte auf dem großen Parkplatz an der Ortseinfahrt von Putgarten. Wer dann noch auf den Leuchtturm will, wird noch mal zur Kasse gebeten und wer dann außerdem den Peilturm besteigen möchte, darf ein drittes Mal bezahlen.

Den Gipfel der Habgier aber erleben wir dann am Königsstuhl. Der Eintritt hier soll gleich 9,50 Euro kosten, dafür darf man dann den Blick vom Plateau auf die Ostsee werfen. Zum Glück gibt es ein Stück weiter die Victoriasicht, wo man von einer kleinen Plattform aus nicht nur den Königsstuhl sehen kann, sondern auch gleich den Blick über die Wellen Richtung Osten schweifen lassen kann.

Aber zurück zum Baumwipfelpfad. Mithilfe der Eintrittskarte passiert man eine Schranke. Sobald wir dadurch sind, fällt mir ein, dass ich meine Kamera vergessen habe. Über die Schranke springen? Bringts bestimmt nicht, da ich ja auch wieder rein muss und dann wegen der schon registrierten Karte nicht mehr durchkomme. Also ganz normal durch das Drehkreuz zurück, Kamera holen und dann wieder zur Kasse, wo ich mit freundlich-unschuldigen Augen mein Missgeschick schildere. Die gestrenge Dame dort hat ein Einsehen und druckt mir einfach ein neues Billet aus.

Dann endlich können wir uns an den Aufstieg machen. In großen Schleifen mit nur sanfter Steigung erklimmen wir langsam die Aussichtsplattform Adlerhorst. Adler sehen wir allerdings keine, ist wohl eher symbolisch gemeint. Die Aussicht ist grandios, jetzt gerade wo sich graue Wolken in Richtung Sonne schieben und so einen dramatischen Sonnenuntergang ankündigen. Leider bleibt es bei der Ankündigug, die Wolken haben es sich noch einmal anders überlegt. Nix mit Drama.

Tag zwei: Kap Arkona und Vitt

Für den zweiten Tag steht Kap Arkona auf dem Programm. Mit unserer kleinen Berbel zuckeln wir gemächlich durch die Boddenlandschaft. Meine Versuche, von der Straße aus einen Blick auf Prora zu werfen, sind nicht sehr erfolgreich. Da habe ich am Vortag vom Adlerhorst aus mehr gesehen.

Streckenweise holpern wir über alte Kopfsteinpflasterstraßen, Relikte aus der DDR. Sie machen Berbel zu schaffen. Die Landschaft rund um Putgarden ist einfach gigantisch flach. Sie ist viel weniger als bei uns in Schleswig-Holstein durch Gebüschstreifen oder Straßen untergliedert. Die landwirtschaftlichen Flächen bilden große zusammenhängende Flächen. Auch das ist dem DDR-Erbe zu verdanken, wo die LPG riesige Äcker bewirtschafteten.

Vor Putgarten heißt es dann runter von der Straße, rauf auf den großen Touri-Parkplatz. Zum Glück ist die Saison lange vorbei. Trotzdem sind ne Menge Besucher unterwegs. Aber im Ort und auf den verschiedenen Wegen zum Leuchtturm und zum Fischerdörfchen Vitt verteilen sich diese Mengen, sodass wir tatsächlich fast alleine in Richtung Kapspitze wandern.

Mit großem Interesse lese ich an einem kleinen Gebäude gegenüber vom Leuchtturm, dass es hier direkt unter unseren Füßen eine alte Bunkeranlage der NVA gab und dass diese bei täglichen Führungen noch besichtigt werden kann. Allerdings ist die letzte Führung dieses Tages schon vorbei.

Wir wollen zu Fuß an der Küste entlang ins alte Fischerdörfchen Vitt laufen, passieren dabei etliche Infotafeln zu den Ausgrabungsarbeiten der alten slawischen Burgwallanlage. Am Peilturm, genau auf der Höhe der Jaromarsburg, findet die Katze einen Zauberring. Den bekommt sie geschenkt. Dafür spare ich mir das Eintrittsgeld auf den Peilturm. Ein kurzes Stück weiter führt links der Veilchenweg über etliche Stufen nach unten zum Ufer. Vorsichtshalber erkunde ich mich bei Wanderern, die uns entgegenkommen, ob man unten am Ufer entlang bis Vitt laufen kann. Ja, man kann. Das werden wir dann auch machen.

Es ist ein schöner Spaziergang, den wir beide genießen. Immer wieder drehe ich mich um, um auf die Steilküste unterhalb der Jaromarsburg zu schauen. Die wenigen Menschen, die uns hier entgegenkommen, halten ihren Blick fest auf den Boden gesenkt. Nicht aus Scham, nein, sie sind auf der Suche nach Hühnergöttern.

Ich verrate jetzt mal nicht, was das ist. Möge der geneigte Leser selber nachforschen, welches Geheimnis sich dahinter verbirgt.

Das erste was mir in Vitt auffällt, ist ein kaputter Steg und eine archäologisch höchst interessante Miettoilette. Steht zwar nicht Dixi-Klo drauf, sieht aber genau so aus. Der Rest von Vitt ist so, wie man sich das von einem historischen Fischerdorf erwartet: schnuckelige kleine Häuschen, reetgedeckt und freundlich leuchtend im Licht der Abendsonne.

Nur Fischer hats hier keine mehr. Ich vermute, die meisten Bewohner dieser Häuschen sind wohlhabende Städter, die sich dem Erhalt der denkmalgeschützten Häuschen gewidmet haben.

Vorbei an der kleinen Kapelle von Vitt, über deren Außenanstrich wohl gerade ein heftiger »Bürgerkrieg« ausgebrochen ist, geht es wieder Richtung Putgarten.

Unterwegs kommt uns die Kap Arkona-Bahn entgegen, ein Exemplar jener hässlichen Miniaturbahnen, die weltweit dem gehfaulen Urlauber die Möglichkeit bieten, sich zur nächstgelegenen Sehenswürdigkeit gondeln zu lassen. Im Ort wartet gottseidank ein echtes englisches Teehaus auf uns, was die Katze so glücklich macht, dass sie mir einen echt englischen Schal schenkt.

Tag drei: Raffgier ohne Ende am Königsstuhl

Der dritte Tag ist dem Nationalpark Jasmund gewidmet, klar, dass wir auch auf den Königsstuhl wollen. Wir fahren wegen einiger Straßensperrungen etwas umständlich bis zum Großparkplatz Hagen, das ist der nördliche offizielle Eingang zum Nationalpark. Und wenn wir lesen »Großparkplatz«, wissen wir: Es geht wieder an unseren Geldbeutel. Natürlich gibt es einen Shuttle-Bus zum Königsstuhl, auch hier darf der Besucher zahlen.

Is. grad nix mit Romantik. Auch Kaspar David Friedrich würde sich im Grab umdrehen, wenn er erleben könnte, was im Moment am Königstuhl passiert (Foto: Hans-Joachim Schneider)

Die Katze und ich nähern uns dem Ziel der Wanderung lieber zu Fuß. Durch Buchenhochwald, der der Katze begeisterte Ausrufe entlockt, suchen und finden wir den Ort unserer Träume. Aber hier ist nix mit Romantik. Großbaustelle ist angesagt, direkt vor dem Eingang. Als ich meinen Weg zwischen Baufahrzeugen und aufgerissenen Straßen zum Eingang des Plateaus suche, werde ich von einer Mitarbeiterin noch angepampt. Dann stehe ich vor der Kasse: 9,50 Euro für die Erlaubnis das hochheilige Plateau zu betreten. Bei zwei Personen also 19 Euro.

Ich mache auf dem Absatz kehrt und beschließe zusammen mit der Katze, dass wir uns das gerne schenken. Ein klein wenig Gerechtigkeit wollen wir aber walten lassen: Ursprüglich sollte der Eintritt auf das Plateau frei sein. Aber dann plante der WWF mit Partnern hier eine großes Erlebniszentrum mit Multivisionshalle. Nur hier sollte Eintritt verlangt werden. Weil aber die Besucher meist nur wegen des Königgstuhls kamen, war das Erlebniszentrum defizitär. Also brachte man die Nationalparkverwaltung dazu, gleich auch für den Eintritt auf das Plateau Eintritt zu verlangen. Wie gesagt: Nicht mit uns.

Nach einer kleinen Mahlzeit im Waldrestaurant wandern wir dann zur Victoriasicht, einem kleinen Holzbalkon am Rande der Steilküste, wo wir einen hervorragenden Blick auf den Königsstuhl und die heute sehr ruhige Ostsee haben. Das lohnt sich allemal mehr, als der Besuch des Plateaus. Die Rückfahrt erfolgt dann über Sassnitz, also die kürzere Strecke.

Von der Victoriasicht sowieso viel schöner zu sehen: die weißen Kredeklippen des Königstuhls (Foto: Hans-Joachim Schneider)

Von der Victoriasicht sowieso viel schöner zu sehen und 9,50 Euro gespart. Ende gut, … (Foto: Hans-Joachim Schneider)

Tag vier: Jagdschloss Granitz, der Rasende Roland und Putbus

Am vorletzten Tag möchte die Katze noch das Jagdschloss Granitz besuchen, dass uns bei jeder Autofahrt vom Gipfel des nahen Berges gelockt hat. Tun wir dann auch. Vom Parkplatz sind es gute zwei Kilometer bis hinauf zum Schlösschen. Wobei der erste Kilometer wesentlich kürzer ist als der zweite. Der Weg durch den hohen Buchenwald (sic!) erfreut die Katze. Aufgelockert wird das zweite Stück, das ungefähr am Bahnhof des Rasenden Roland beginnt, mit geistreichen Infotafeln zum Wald, zur Granitz und zum Jagdschlösschen selber.

Überraschung: Als wir den Bahnhof unterhalb des Jagdschlosses Granitz passieren, fährt gerade der legendäre Rasende Roland ein (Foto: Hans-Joachim Schneider)

Das Interieur des Jagdschlösschens scheint hauptsächlich aus Geweihen zu bestehen. Das langweilt mich ziemlich schnell. Die Katze ist irgendwo hängengeblieben, denn sie interessiert sich vielmehr für das Geschichtliche dieses Hauses. Mich lockt noch der zentrale Turm, von dem man eine tolle Aussicht über die Insel haben soll. Die Betonung liegt auf »soll«. Ich bin nämlich nicht dort oben gewesen. Als ich die Treppe hinaufsteigen wollte, hielt mich ein Sicherheitsmensch zurück. Ich solle doch bitte warten, bis diejenigen, die gerade oben sind, wieder runterkommen. Ich und warten. Nö.

Also begebe ich mich in die Eingangshalle und verdinge mich als – unbezahlter – Türschließer. Viele Besucher des Schlösschens öffnen nämlich die große schwere Eingangstür, treten in die Halle und kriegen vor Staunen den Mund (und die Eichentür) nicht mehr zu. Da es draußen aber ziemlich kalt ist, zieht es hier im Vorraum. Die Katze ist unterdessen unterwegs in den alten Schlossräumen.

Blick durch die Buchen am der Kante der Klippen: Ganz klein erkennt man auf der blauen See ein leuchtend weißes Schiff

Als wir uns dann wieder hatten, war es schon weit nach Mittag und damit Zeit, sich den Magen zu füllen. Zwar gab es in den Kellerräumen ein eigenes Restaurant, doch das war recht überfüllt. Also verließen wir das gastliche Haus und fuhren nach Putbus. Das kannte ich noch nicht, weshalb ich sehr überrascht war von der Architektur. Alle Bauten entlang der Durchgangsstraße waren stattliche Häuser und alle trugen weiße Kleidchen (das ist jetzt eine Formulierung, die ich bei der Katze geklaut habe). Putbus muss mal ein stattlicher Badeort gewesen sein. Hier bekamen wir dann genau das zu essen, was unseren Magen erfreute.

Ein letztes Mal am Strand, eine kleine Wanderung: Nicht weit von Altensien liegt Groß-Stresow (Foto: Hans-Joachim Schneider)

Dann auf dem Rückweg noch Station in Groß-Stresow, wo es ganz schön von Osten her bläst. Wir sind reif für zu Hause. Es ist unser letzter Tag und das bedeutet packen und ein wenig aufräumen und dann noch einmal die Vorteile unserer Luxushütte zu genießen.

 

3 Comments
  • Bernd
    Posted at 06:40h, 28 März Antworten

    Hallo lieber Hans Joachim!
    Vielen Dank für den tollen Bericht und die Empfehlungen, ganz besonders den „Geheimtip“ mit der Victoriasicht! Ja, an der Ostseeküste gibt es inzwischen Preise, so daß viele Ossis sagen „Rügen – kann ich mir nicht mehr leisten“. Aber es kann trotzdem sehr schön sein, v.a. zu Fuß oder mit dem Rad! (Nächstes Nadelöhr – die Bahn mit ihren begrenzten – Radtransport-Kapazitäten). Ich mache es auch oft so, die teuren hochgepuschten „Attraktionen“ links liegen zu lassen und freue mich stattdessen mehr über liebevoll restaurierte Fischerhäuser, Dorfkirchen oder den Ruderfährmann, der mit seinem kleinen Boot die Wanderer samt Rad über die Baaber Bek rudert… Und natürlich die schöne Natur v.a. Südost- Rügen….
    Herzliche Grüße!
    Bernd

    • Hans Joachim Schneider
      Posted at 12:53h, 28 März Antworten

      Lieber Bernd, danke für Deinen zustimmenden Kommentar. Ja, die Ostsee ist teuer geworden. Als ich 1999 das erste Mal auf Rügen war, hatte die Insel noch Charme. Überall war Aufbruch zu spüren. Aber nach und nach hat das Geld die Regentschaft übernommen. Und trotzdem ist Rügen noch immer eine faszinierende Insel. Du selbst bist ja viel auch international unterwegs. Da kannst Du eher als ich Vergleiche ziehn. Schöne Grüße, Joachim

  • Daria
    Posted at 14:35h, 05 Dezember Antworten

    Ja, die hohen Preise sind leider der Fluch vieler Touristenorte, besonders jener am Meer. Bis zu einem gewissen Grad ist das verständlich – schließlich leben viele Menschen dort das ganze Jahr über von der Sommersaison.

    Vielen Dank für den ausführlichen und informativen Artikel! Ich war selbst noch nie auf Rügen, aber die Fotos erinnern mich sehr an die skandinavischen Länder: diese gleiche Mischung aus schlichter, asketischer Schönheit und beeindruckender Natur.

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