03 Sep Frühaufsteherwanderung im Kottenforst
Vor lauter Wald die Bäume nicht …
Hinweis: Diese Frühaufsteherwanderung führt durch den Kottenforst. Und der besteht aus Wald, Wald und nochmals Wald. Du läufst also ungefähr zwei Stunden durch Wald. Erst am Ende, die letzte halbe Stunde etwa, führt der Weg am Waldrand entlang. Dort gibt es linker Hand weite Ackerflächen. Bei klarem Himmel ist die Orientierung im Wald kein Problem, da die Strecken am Anfang fast komplett geradeaus laufen. Ist der Himmel aber bedeckt, solltest Du auf jeden Fall eine Taschenlampe dabei haben.
Wenn Du wegen der besonderen Stimmung, die hier bei Tagesanbruch herrscht, die Wanderung machst, dann gehe die Tour in der beschriebenen Variante. Willst Du aber auch die historischen Kleinodien dieser Tour mitnehmen, empfiehlt es sich, die Tour entweder erst beim Morgengrauen in Angriff zu nehmen, dann steckst Du aber beim Sonnenaufgang noch mitten im Wald, oder aber Du läufst die Tour in entgegengesetzter Richtung, was aber auf dasselbe hinausläuft.
Die Taschenlampe ist auch sehr hilfreich, wenn es bei Deiner nächtlichen Tour im Unterholz neben dem Weg einmal knackt. Der Kottenforst ist sehr wildreich. Da die Wanderwege aber sehr stark frequentiert sind, hat sich das Wild ein wenig an die Nähe des Menschen gewöhnt. Wenn Dir das Knacken im Gebüsch vielleicht ein wenig Angst macht, leuchte mit der Taschenlampe einfach mal ins Unterholz in Richtung des Geräuschs. Das vertreibt in der Regel Hirsch, Reh und Wildschwein und ist allemal besser als zu schreien.
Nun aber los …
Wenn Du dich am Parkplatz vor dem Forsthaus mit dem Rücken zu der Straße stellst, von der Du gekommen bist, hast Du zwei asphaltierte Sträßchen vor Dir, dazwischen die Infotafel mit Wanderkarte. Ich empfehle den linken Weg. Hier bist Du direkt im Wald. Solltest Du noch im Dunkel der Nacht aufbrechen, ist es hilfreich, wenn der Himmel wolkenfrei ist. Das dann vorhandene Licht reicht aus, den Weg zu finden, der sich als blassgraues Band schnurgerade vor Dir erstreckt.
Auffallend ist, dass um diese Zeit, also etwa zwei Stunden vor dem Sonnenaufgang, der Wald noch fast still ist. Kein Vogel ist zu hören. Vielleicht das leise Brummen einer fernen Straße. Irgendwo im Wald an einem versteckten Tümpel hört man das vereinzelte Gequake von Fröschen.
Die Geräusche der Nacht …
Es ist ein ganz besonderes Erlebnis, das tatsächlich einmal ohne Taschenlampe auszuprobieren. Ganz auf das Hören und das wenige Sehen reduziert, hier vor allem auf das Hören, wirst Du durch das Dunkel zu laufen. Zu hören sind nur die eigenen Schritte, der eigene Atem und vielleicht das Rascheln Deiner Kleidung. Bleibe doch einfach mal stehen und lausche. Es kann sein, dass sich beim leisesten Geräusch aus dem Dunkel Deine Nackenhaare aufstellen, dass sich ein Kribbeln über Deine Kopfhaut ausbreitet. All das sind archaische Reaktionen, die tief in uns sitzen, und die uns früher einmal das Überleben sicherten.
Aber keine Angst, es geht in dieser Nacht nicht ums Überleben. Die Tiere des Waldes sind immer noch scheu. Wenn Du das Knacken im Gehölz hörst, dann ist das das Reh meist schon auf der Flucht. Spannend wird es allerdings dann, wenn Du Dich so leise wie möglich auf dem Weg durch den Wald bewegst. Wenn der Wind günstig steht, und Du so geräuschlos wie möglich gehst, kann es sein, dass das Wild Dich nicht gleich bemerkt. Dann kann es sein, dass die Geräusche des Tieres eine ganze Zeit lang im Unterholz zu hören sind.
Nach dem ersten Kilometer erreichst Du zum ersten Mal einen Abzweig. Bleibe einfach weiter auf dem Geradeaus-Kurs auf Asphalt. Etwa an dieser Stelle macht der Weg allerdings einen leichten Knick nach rechts. Vielleicht ist es in der Zwischenzeit die Schwärze schon etwas grauer geworden, aber noch immer ist der Wald links und rechts am Wegrand wie eine dunkle undurchdringliche Wand. Am schmalen Band des Himmels über Dir leuchtet der Morgenstern. Je nach Jahreszeit und Mondzyklus hast Du aber vielleicht einen vollen Mond am Himmel.
Und eine einstmals mächtige Eiche …
Nach einem knappen weiteren Kilometer passierst Du einen weiteren Abzweig, diesmal aber nach rechts. Falls es schon etwas heller ist, kannst Du aber kurz vor dem Abzweig noch rechter Hand die Überbleibsel der Dicken Eiche bewundern. Dieser einstmals mit einem Stammdurchmesser in Bodennähe von über 1,80 m dickste Baum des Kottenforstes fiel im Winter 2010/11 unter der Schneelast um. Um ihn als Denkmal etwas länger zu erhalten, wurde er aufgebockt; damit soll eine allzu schnelle Verrottung verhindert werden.
Der Bildhauer Klaus Simon gestaltete aus der 300 Jahre alten Eiche einen Altar und andere sakrale Gegenstände für die Namen-Jesu-Kirche in Bonn. Er konnte dazu einen Abschnitt des Stammes von 1,50 m Länge verwenden. In einem extra hierfür eingerichteten Atelier im Wald beim Standort der Dicken Eiche, am Jägerhäuschen, fertigte er aus dem Holz Altar, Ambo, Osterkerzenständer und den Bischofsstuhl. Der Baum liegt heute noch so, dass man den Ausschnitt durchschreiten kann und sich so ein lebendiges Bild von der Mächtigkeit des Stammes machen kann.
Ein geschichtsträchtiges Häuschen …
Du gehst zunächst einmal an der Abzweigung nach rechts einfach vorbei. Vor Dir schält sich ein Häuschen aus dem Grau. Es ist das Jägerhäuschen, das bei den Parforce-Jagden, die der Kölner Erzbischof und Kurfürst Clemens-August so liebte, als Relais-Station diente. Hier wurden die Pferde gewechselt, in einem separaten Raum konnten sich die Reiter in der Zwischenzeit aufhalten. Nachdem dem Tod des Kurfürsten im Jahre 1761 fanden keine Parforce-Jagden mehr statt. Mit der Zeit verfiel das Jägerhäuschen und wurde erst später wieder durch die zuständige Forstverwaltung restauriert. Heute steht es unter Denkmalschutz.
Bei Königs und Kaisers im Wald …
Unmittelbar gegenüber vom Jägerhäuschen am Waldrand befindet sich die Kaisereiche. Sie wurde im Jahr 1879 vom späteren (letzten) deutschen Kaiser gepflanzt, der seinerzeit aber noch als Prinz im Kottenforst gejagt hatte. Wenige Meter weiter rechts, in der Mitte des Platzes vor dem Jägerhäuschen befindet sich die Prinz-Friedrich-Eiche und noch ein Stück weiter rechts ein weiteres prominentes Eichenexemplar.
Aber genug der Historie, bzw. beinahe genug, denn ein, zweimal wirst Du noch darüber stolpern. Einmal wegen der Anlage der schnurgeraden Wege. Auch hier stoßen wir wieder auf Clemens August und seine Liebe zur Jagd. Er ließ ein sternförmiges Netz aus fast schnurgeraden Alleen als Reitwege für die Jagd anlegen, damals natürlich noch nicht asphaltiert. Im Zentrum dieses Wegenetzes wurde später das Jagdschloss Herzogsfreude gebaut, das heute allerdings nicht mehr existiert.
Vom Jägerhäuschen gehst Du jetzt cirka 30 Meter zurück und biegst nun links ab. Wegen der Lichtverhältnisse sind hier an den Bäumen kaum Wegmarkierungen zu erkennen können. Aber der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass Du jetzt auf Weg A21 gehst, auch Professorenweg genannt. Hier hast Du jetzt die zweite dieser langen schnurgeraden Alleen unter den Füßen. Allmählich verleiht das Morgengrauen dem Wald ein wenig mehr Kontur. Linker Hand gleich zu Beginn blinkt ein Teich durch die Bäume, er gehört noch zum Jägerhäuschen.
Fast zwei Kilometer geht es nun geradeaus. Etwa auf der Hälfte der Strecke kreuzt Du den ersten schnurgeraden Querweg: die Villiper Allee. Etwa auf der Hälfte der zweiten Hälfte geht es abermals gerade über eine Wegkreuzung hinweg. Und schließlich, nach besagten zwei Kilometern seit dem Abzweig am Jägerhäuschen, macht unsere Professorenweg tatsächlich einen leichten Knick nach links, um dann allerdings abermals wie mit dem Lineal gezogen geradeaus zu führen.
Einer der Vorteile dieser langen geraden Alleen: Du kannst kilometerweit gucken. Und vielleicht wechselt irgendwo weit vor Dir eine Hirschkuh oder ein Reh über den Weg.
Im stillen Gedenken …
Nur wenige Meter hinter dem Knick steht rechts am Wegrand ein Gedenkkreuz, darüber wacht eine Cornifere. Das Kreuz erinnert an Herbert Zavelberg, einen Waldarbeiter, der in den 1970er-Jahren bei Fällarbeiten von einem Baum erschlagen wurde. Noch heute sieht man Vorbeigehende, die sich an dieser Stelle bekreuzigen.
Überraschung …
Ein wenig später geht es über die nächste Kreuzung hinweg, hier versteckt sich links in den Büschen ein kleine Schutzhütte, weiter geht es, dann noch einmal ein sanfter Schwenk nach links, eine Wegkreuzung, keine Frage, Du gehst geradeaus darüber hinweg. Noch eine weitere Kreuzung wartet, danach wirst Du Deinen Augen nicht mehr trauen. Unser asphaltiertes Sträßchen, das tagsüber sehr stark von Fahrradfahrern aller Couleur bevölkert ist, fängt plötzlich an, sich durch den Wald zu schlängeln. Haben die Wegebauer des Kurfürsten hier auf einmal die Lust verloren oder an einem heißen Tag zuviel alkoholische Erfrischungsgetränke zu sich genommen?
Schließlich macht der Weg einen radikalen 90°-Grad-Schwenk nach links. Hier biegt ebenso scharf nach rechts der nicht asphaltierte Hümerichsweg ab. Diesem gilt es nun zu folgen. Direkt an der Abzweigung am rechten Wegrand der erste Hinweis auf den Ringwall Vene. Ein Reitweg verläuft unmittelbar neben dem Weg, der zunächst nach dem Vorbild der gerade verlassenen Allee auch schnurgerade durch den Wald läuft. Dann geht es aber in einem kurzen (kaum nennenswerten) Anstieg in eine Linkskurve. Kurze Zeit später dann der nächste Hinweis auf den Ringwall. Er markiert den Abzweig eines Pfades, der sich durch den Wald schlängelt und an einer Tafel des Rheinischen Amtes für Denkmalpflege noch nicht endet. Aber weiter brauchst Du nicht zu gehen, den auf dem Gelände dieser ehemaligen Fliehburg ist für den Laien eh nichts zu erkennen. Einzig und alleine der Graben, an dem das Hinweisschild postiert ist, lässt Vermutungen ins Kraut schießen.
Zurück auf dem Hümerichsweg geht es nun weiter geradeaus. Aber nicht lange, dann endet er an einem Querweg. Am Treffpunkt der beiden steht eine Bank. Ein Ruheposten, denn eine Aussicht hat es hier nicht. Du gehst nach rechts und befindest Dich jetzt auf dem Rückweg. Und auch hier gilt das Prinzip, dem Du schon zu Beginn gefolgt bist: Immer geradeaus. Allerdings macht dieser Weg im geschlossenen Wald dann doch einmal zwei, drei Schwenks, ist schmaler und der Untergrund ist ein wenig fußfreundlicher als die Asphaltsträßchen zu Beginn.
Wie schon auf dem Hinweg geht es immer mal wieder über Kreuzungen hinweg. Der Wald bzw. die Baumarten wechseln, mal geht es durch Buchenwald, unter den sich ab und an auch mal Kiefern oder andere Baumarten mischen. Dann geht es durch niedriges Gehölz, hin und wieder aber flankiert auch reiner Nadelwald den Weg. Wer alle Baumarten bestimmen kann, hat entweder Botanik studiert, oder ist ein kenntnisreicher Baumliebhaber.
Nachdem der Weg sich eine Zeitlang als schmaler Pfad durch jungen niedrigen Laubwald geschlängelt hat, trifft er auf einen Querweg, auf diesen schwenkst Sie links ein. Nun wieder auf breiterem Forstweg geht es langsam dem Ziel entgegen. Nach etwas mehr als 9 km Gesamtweg , passierst Du eine Kreuzung, an der es links nach Pech geht.
Ab hier öffnet sich der Wald linker Hand zu einer weiten Ackerfläche hin. Ab hier bleiben Sie stets am Waldrand. Zwar erweckt der Weg manchmal den Anschein, doch wieder etwas wieder in den Wald einzutauchen, aber das stellt sich schnell als Illusion heraus.
Erst ganz am Ende geht es dann noch mal durch ein Waldstück, aber nach wenigen Minuten siehst Du linker Hand die Koppeln und Weiden, die zum Forsthaus gehören, und gleich stößt Du auch auf die asphaltierte Villiper Allee, auf der Du nach links gehst und schon hast Du das Ziel der Frühaufsteherwanderung durch den Kottenforst erreicht.
Die Tour in harten Fakten:
Dauer: ca. 2.30 Std. reine Gehzeit
Länge: 11 km
Ausrüstung: unbedingt Taschenlampe mitnehmen
Charakter: Einfach, da die ganze Strecke keine Steigung aufweist und meist über breite Waldwege führt. Zur Hälfte auf Asphalt
Anfahrt: mit der Bahn: Ab Köln Hbf mit RE 10501 (erste Fahrt 5:32 Uhr) bis BN-Bad Godesberg, weiter mit Bus 855 bis Villiprott-Burgstraße; mit dem Kfz: Über die A565 bis Ausfahrt Merl, an der Ausfahrt links Richtung Wachtberg. Nach ca. 1,5 km links ab Richtung Villiprott, im Ort über die Straße Beckers Kreuz bis Burgstraße, hier links, bis zur Kreuzung mit der Dorfstraße, hier wieder links, bis zum Ende durchfahren. Dort am Forsthaus Schönwaldhaus – direkt am Waldrand – befindet sich der Wanderparkplatz.
Einkehrmöglichkeiten: Gaststätte Waldesruh (Restaurant, an der Dorfstraße) öffnet erst gegen Mittag.
Besonderheiten: Dieser Weg kann auch von Rollstuhlfahrern gemeistert werden, wenn sie über ein wenig sportliche Kondition verfügen. Es gibt zwei, drei kleine Senken zu überwinden, bei denen der sanfte Anstieg nie länger als zehn Meter dauert.
Übrigens: Diese Tour und etliche andere findest Du auch in meinem Buch: Guten Morgen, Rund um Köln: 12 Touren in der Frühe, das beim Kölner Bachem-Verlag erschienen ist.
Alex Breuer
Posted at 13:47h, 04 SeptemberSehr schöne Tour
Als kleine Anmerkung… das Landhaus Kremmel existiert leider nicht mehr, es ist im letzten Jahr abgerissen worden, dort werden zur Zeit Wohnhäuser gebaut.
Gruß Alex Breuer
Hans Joachim Schneider
Posted at 13:50h, 04 SeptemberMoin Alex, herzlichen Dank für den Kommentar und die wertvolle Info.
Schöne Grüße, Joachim