16 Apr Nervenkitzel am Abgrund
Bilder zur Geierlay-Hängebrücke – die schönste Hängeseilbrücke Deutschlands
Beginnen wir mit dem Anfang. Im Herbst 2015 war ich zu einer Pressereise im Hunsrück eingeladen. Diese Pressereise machte auch an der damals noch im Bau befindlichen Geierlay-Hängebrücke Station. Der Ortsbürgermeister von Mörsdorf nahm sich die Zeit, um den Versammelten Bloggern und Pressevertretern den Werdegang der Brücke zu schildern, von der Idee über die Anfeindungen, denen sein Konzept ausgesetzt war, bis hin zur Genehmigung und Realisierung. Was mir weniger gut gefiel, war, dass die Finanzierung der Brücke teilweise durch Gelder zustande kam, die durch den Bau von Windkraftanlagen rund um Mörsdorf in den Gemeindesäckel flossen.
Geplant war, dass die Brücke schon zum Zeitpunkt des Pressebesuches so weit sein sollte, dass wir sie hätten betreten können. Aber wie fast immer beim Bau solch spektakulärer Projekte kommt es zu Verzögerungen. Diese waren aber im Fall der Geierlay-Hängebrücke eher unwesentlich. Die feierliche Eröffnung, die für den 2. Oktober geplant war, brauchte jedenfalls nicht verschoben zu werden. Nachfolgend findest Du ein paar Fotos, die ich während dieses Pressebesuches aufgenommen habe.
Die Überraschung kommt per Post!
Als ich wieder zurück in Köln war, flatterte mir überraschenderweise eine Einladung auf den Tisch. Ich war, samt meiner Kollegen von der Pressereise, zur Eröffnung eingeladen worden. Das ließ ich mir natürlich nicht entgehen. Über diese Eröffnung habe ich bereits zwei Beiträge auf meinem Blog verfasst. Deshalb werde ich hier nicht groß darauf eingehen. Das Wetter zeigte sich von seiner besten Seite. Ein strahlend blauer Himmel spannte sich über die Hunsrückhochfläche. Die Stimmung während der Feier hätte besser nicht sein können.
In der Zeit danach habe ich die Kommentare verfolgt, die von Besuchern auf der Facebook-Seite der Geierlay-Brücke abgegeben wurden. Überrascht war ich, was da alles kritisiert wurde. Es gab Einträge, die eine große Freizeitanlage in der Nähe der Brücke forderten. Andere Besucher wiederum forderten, die Felsklippen in der Nähe der Geierlay abzusichern, sodass niemand, der die Brücke von diesen Positionen aus fotografieren wollte, verunglücken konnte. Irgendwann sah ich mich dann genötigt, einfach mal ein paar Worte zu diesen Kommentaren abzugeben, um die Situation des Dorfes und der Brücke ins (meiner Meinung nach) rechte Licht zu rücken.
Mein diesbezüglicher Beitrag las sich folgendermaßen.
Ich war jetzt am vorletzten Septemberwochenende (2016) schon zum dritten Mal auf der Brücke. ich habe mir mal die Kommentare durchgelesen, die andere abgegeben haben. Da steckt immer eine große Erwartungshaltung dahinter, ohne dass die Leute die örtlichen Gegebenheiten kennen. So lässt z.B. die für den örtlichen Umweltschutz zuständige Behörde keine Dixi-Klos direkt an der Brücke zu. Und bitte habt Verständnis für die Parkregulierung. Das Dorf ist aus einen Dornröschenschlaf erwacht und sieht sich plötzlich mit mehreren Tausend Besuchern konfrontiert.
Seid gewiss, dass es in Zukunft noch Verbesserungen geben wird, aber das alles muss auch genehmigt werden. Menschen, die Abenteuerspielplatz, Kinderbetreuung, Café und Kuchen und am besten noch Liegestühle direkt an den Brückenköpfen erwarten, sollten lieber in CenterParcs fahren und nicht in die Natur. Denn die Brücke ist in erster Linie ein Naturerlebnis. Das der Zugang auf der Mörsdorfer Seite rutschig ist, das stimmt. Da sollte was passieren. (Anmerkung: Wurde in der Zwischenzeit wohl behoben).
Früher Vogel fängt den Wurm
Und wer die Brücke weniger voll haben möchte, muss früher aufstehen. Morgens um halbzehn sind auch samstags kaum Menschen auf der Brücke. Und was die seitlichen Felsen angeht, auf denen die Leute Fotos machen: Man kann alles absichern, aber dann haben wir bald die ganze Welt eingezäunt. Keiner muss von dort Fotos machen, wer es tut, sollte in der Lage sein, auf sich selbst aufzupassen.
Ich finde die Geierlay ein großartiges Erlebnis. Am letzten Wochenende habe ich sie mit meinem Bruder und seiner Freundin mit einer längeren Wanderung verbunden. Das rate ich allen, die nicht nur wegen des Nervenkitzels kommen. Es ist einfach eine wunderbar vielfältige und teilweise abenteuerliche Landschaft, die auf Berg und Tal eine ganze Menge Überraschungen bereithält. Wir waren nach diesem Tag wunderbar erschöpft und dankbar, dass der Hunsrück solche Schätze bereithält und für den Naturliebhaber anbietet.
Nach der Veröffentlichung dieses Beitrags erhielt ich viele zustimmende Kommentare.
Wie ging es weiter?
Auch im April wirkt die Brücke noch imposant, auch wenn ihr das frische Grün des Spätfrühjahrs besser zu Gesicht steht. In der Zwischenzeit entwickelten sich die Besucherzahlen auf der Brücke prächtig. Die Planungen sahen vor, dass ca. 150.000 Besucher pro Jahr nach Mörsdorf kommen mussten, damit das Projekt sich rentierte. Immerhin, der Besuch der Brücke ist kostenlos. Die Rendite sollte sich ergeben durch die Ausgaben der Besucher in der Gemeinde. Etwas zu kurz kommt mir meist bei den öffentlichen Darstellungen in den Medien die Rolle der Gemeinde Sosberg. Diese liegt am jenseitigen Brückenkopf und hat sich finanziell auch am Bau beteiligt. Wenn auch nicht in gleichem Maße wie Mörsdorf.
Wenn man jetzt die Brücke besucht, stellt man fest, dass fast alle Besucher ihre Brückentour von Mörsdorf aus starten. Es liegt näher an der Hunsrückhöhenstraße und wird auch als Ausgangpunkt für den Besuch gehandelt. Wer von der Mörsdorfer Seite aus über die Brücke geht, wird im seltensten Fall bis Sosberg laufen. Genau wie Mörsdorf liegt es gut anderthalb Kilometer von seinem Brückenkopf entfernt.
Die Brücke macht süchtig
Aber den Menschen geht es um das Brückenspektakel, nicht darum, einen Hunsrückort zu besuchen. Immerhin. Auf der Sosberger Seite wurde eine ganze Reihe an Bänken aufgestellt, der Blick geht auf die Brücke. Ein bisschen Kino also für die die nicht gleich zurück wollen. Denn die Besucher reisen aus allen Ecken der Republik und natürlich auch aus dem Ausland an. Da will man nicht einmal hin und zurück und dann wieder nach Hause fahren. Aber andere spektakuläre Sehenswürdigkeiten gibt es nicht in der Nähe. Oder doch?
Wer seine Freude an der Natur und am Wandern hat, wird nicht lange suchen müssen. Die Täler des Vorderen Hunsrücks sind einzigartig. Einige davon sind durch Traumschleifen erschlossen. Und der Saar-Hunsrück-Steig verläuft in unmittelbarer Nähe der Brücke. Über eine Schleife wird das Bauwerk eingebunden. Daneben gibt es noch zahlreiche ausgezeichnete Wanderrouten, die direkt an der Brücke zugänglich sind. Probiert es einfach mal aus. Wer sich vor Ort noch Wandervorschläge holen will, kann das an dem kleinen Infopunkt der Hunsrück-Touristik direkt am Besucherparkplatz in Mörsdort tun. Dort sitzt auch an den Wochenenden ein Mitarbeiter und gibt Ratschläge für Touren. Karten und Prospekte sind teilweise kostenlos inbegriffen.
Die Brücke ruft!
Im vergangenen Herbst juckte es mich dann in den Füßen. Bis dato hatte ich noch keine Wandertour im näheren Umfeld der Brücke unternommen. Das wollte ich unbedingt nachholen. Mein Bruder und seine Freundin nahmen den Vorschlag auf und so verabredeten wir uns zu einer gemeinsamen Tour. Dass wir uns ein klein wenig verlaufen haben, soll hier nicht groß ausgebreitet werden. Dass wir aber trotzdem geschlaucht, aber zufrieden abends wieder am Auto ankamen, soll auch nicht verschwiegen werden.
Weitere Infos zur Brücke gibt es unter: www.geierlay.de
Meine ersten Beiträge über die Brücke findest Du hier: Hunsrück im kollektiven Höhenrausch! und hier eine weitere Bilderserie dazu!
Oliver Huber
Posted at 17:40h, 17 AprilHey,
schöne Fotos von der Brücke und toll beschrieben. Nervenkitzel für jedermann, leider bisschen weit weg von mir. Grüße Oliver Huber
Hans Joachim Schneider
Posted at 19:42h, 17 AprilLieber Oliver Huber, herzlichen Dank für das Kompliment. Ohne solchen Zuspruch wäre das Bloggen eine fade Sache. Die Brücke ist wirklich spannend. Ich habe schon viele Leute erlebt, die trotz Höhenangst auf die Brücke rauf sind und dann sich ein Herz gefasst haben und auch ganz rüber sind. Dass sie zu weit weg, ist schade, aber vielleicht ergibt sich ja irgendwie noch mal eine Gelegenheit. Es lohnt sich. Schöne Grüße, Hans-Joachim Schneider
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