Engelsley und Teufelsloch – Abschied im November
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Engelsley und Teufelsloch – Abschied im November

Was Engelsley und Teufelsloch für mich verbindet

Engelsley und Teufelsloch, Schwarzes und Weißes Kreuz, Gut und Böse, Erdverhaftetheit und geistiges Leben, harte Arbeit und sinnliches Genießen: Nirgendwo habe ich diese Gegensatzpaare  auf so engem Raum versammelt gefunden wie im Ahrtal. Und damit ist diese reiche Landschaft ein wunderbares Spiegelbild der menschlichen Seele. Wenn man dann diese Tour noch im November macht, wenn die Bäume allmählich kahl werden, wenn die Weinfeste vorbei sind, wenn das Wetter verrückt spielt, heißt es Abschied nehmen: Abschied von der Fülle des Sommers, Abschied von den langen Tagen, Abschied vom Licht, Abschied von der Extraversion. Abschied nehmen heißt aber vor allem auch: nach innen schauen.

Die Abschiedstour im November

Die heutige Tour habe ich schon einmal im November des vergangenen Jahres gemacht. Aber der plötzliche und unerwartete Wetterumschwung jetzt zum Wochenende hat mich noch einmal ins Ahrtal gelockt, obwohl ich mich eigentlich schon letzte Woche davon verabschiedet hatte. Heute also scheint immer wieder mal die Sonne. Im letzten November war es allerdings ein wenig trockener.

Warum im November?

Der November ist für diese Tour vom Wandertechnischen nicht unbedingt die beste Jahreszeit. Aber sie ist eine wunderbare Tour, um sich auf die karge, kalte Winterzeit einzustimmen. Von den vielen Höhen, auf die sie führt, hat man immer wieder weite Ausblicke, das wechselvolle Spiel des Lichts verzaubert die Landschaft von einem Moment auf den anderen. Aber: Die Tour steckt auch voller Herausforderungen, nur geübte Wanderer sollten sich z.B. an der Engelsley versuchen. Dazu aber später mehr.

Erstes Ziel ist das Teufelsloch

Ich starte in Altenburg am St. Maternus Stift. Schon der Weg hinauf das schmale Felsenband mit dem Teufelsloch ist rutschig. Ich hatte zum ersten Mal seit Jahren wieder meine Teleskopstöcke eingepackt, aber weil ich mich nicht wirklich damit anfreunden kann, lasse ich sie im Auto. Der Boden ist feucht, die oberste Blätterschicht zwar trocken, aber darunter verbirgt sich rutschiger Matsch. Dort wo die Laubschicht nicht so viele Lagen hat, kommt der Matsch bis nach oben durch.

So oder so ist Vorsicht angesagt. Noch sind mir die drei Stürze vom letzten Wochenende (Kupfer-Jaspis-Pfad im Hunsrück) mit gestauchter Schulter und gezerrten Sehnen in lebhafter Erinnerung. Beim Aufstieg bin ich alleine, Zeit zur Besinnung, Zeit die Gedanken laufen zu lassen. Aber kaum komme ich in die Nähe des Teufelsloches, wird es lebhaft. Aus der Gegenrichtung kommt eine ganze Familie. Am Teufelsloch selber frönen zwei weibliche Wanderer ihrer Fotoleidenschaft. Also erst einmal warten, bis alle Fotos geschossen sind. Ich halte mich nur kurz am Aussichtspunkt auf, denn hinter mir kommen schon wieder sechs, sieben Leute.

Was würden Wanderer ohne Fotoapparat machen?

Also gleich wieder an den Abstieg zum Ahrsteigverbindungsweg. Vor mir die beiden Damen. Dort wo der Pfad vom Teufelsloch auf den ehemaligen AV1 trifft, trennen sich unsere Wege. Weiterhin vorsichtig geht es nun hinüber zum Schwarzen Kreuz – mit Blick auf das Weiße Kreuz am Rotweinwanderweg unmittelbar hinter Burg Are. Auch dort bin ich nur kurz alleine. Nach einem kurzen Blick hinüber zur Burg, hinunter auf das geschäftige Altenahr und dann nach der anderen Seite zu meinem nächsten Ziel, der Engelsley, geht es hinunter zur Ahr. Am Tennisplatz erreiche ich das schmale Sträßchen, das ins Langfigtal führt. Ich wende mich aber Richtung Ort, biege nach rechts durch den Tunnel. Am Ortsausgang, kurz vor dem Feuerwehrhaus, befindet sich der Aufstieg zur Engelsley. Er ist nicht ganz leicht zu erkennen, gut so, denn der Weg ist nicht ohne – und wer den Einstieg hier nicht erkennt, hat es auch oben nicht leicht.

Nix für einen Sonntagsspaziergang

In Serpentinen geht es im Laubwald aufwärts – und Laubwald bedeutet wieder rutschiges Laub auf dem schmalen Pfad. Langsam lichtet sich der Wald, eine Felskanzel erhebt sich vor uns. Auch hier ein Loch in der Wand, nicht ganz so groß wie das Teufelsloch, aber hier ungesichert direkt links unter dem Pfad. Ich werde gleich nochmal nach hier zurückkommen.

Zunächst einmal gehe ich ein Stückchen zurück, um rechts den Pfad zur Engelsley zu nehmen. Das erst kurze Stück ist noch ziemlich einfach, bald wird es aber schmaler, steiler und damit schwieriger. Zunächst geht es noch leicht auf und ab, immer wieder mal mit Passagen, an denen Vorsicht angebracht ist. Links geht es relativ steil bergab. Mehrfach sind hier schon Leute von ihrer Angst gepackt worden, trauten sich plötzlich nicht mehr vor und zurück. Sie mussten von Hilfskräften aus ihrer misslichen Lage befreit werden.

Am Gipfel dann unbändige Freude

Das letzte Stück hat es in sich. Wegen des rutschigen Bodens und des teilweise steilen Anstiegs nehme ich jetzt die Hände zu Hilfe. Endlich bin ich oben. Zunächst an einem Aussichtspunkt auf dem Kamm, dann noch ein paar Meter und stehe ich am Gipfelkreuz der Engelsley. Hier entringt sich meiner Brust ein Freudenschrei. Im Gipfelbuch finde ich noch meinen Eintrag vom letzten Jahr. Klar, dass ich mich auch jetzt wieder darin verewige. Heute scheine ich der erste hier oben zu sein. Glaubt man dem Gipfelbuch, ist auch nicht jeden Tag jemand hier oben.

 

Der Abstieg ist ein wenig schwieriger als der Aufstieg. Bei diesem war es einfacher mit den Händen den nächsten Halt zu suchen. Es geht zurück zu der Felskanzel mit dem kleinen Bruder des Teufelsloches. Von hier oben blickt man direkt hinunter auf Altenahr. Jetzt folgt ein weiteres schwieriges Stück – schwierig allerdings wieder nur wegen des schmierigen Bodens.

Ich gehe nun auf dem Kamm des Felsriegels, der das Ahrtal hier unterteilt, hinüber Richtung Burg Are. An manchen Stellen steht man direkt über der Straße, die durch den Tunnel führt. Es geht relativ steil bergab, aber da der Kamm recht breit ist, besteht keine Gefahr. Steil ist der Weg auch hier, unmittelbar am Fuß der Burg geht es über eine mit Schiefergeröll durchsetzte Passage steil aufwärts. Hier gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder man kommt ins Rutschen oder man rutscht nicht. Ich rutsche diesmal nicht.

Not my way!

Gleich darauf geht es nach links und wir stehen auf dem Gelände der Burg Are. An einem Durchgang werden Kostümführungen angepriesen. Kann man Kostüme führen? Ich steige hinauf bis zur höchsten Kanzel, auch dort bin ich nur kurz alleine. Wieder nur ein kurzer Blick in alle Richtungen, dann geht es weiter, jetzt raus aus dem Burggelände und hoch zum Rotweinwanderweg. Auf diesem halte ich mich Richtung Mayschoß, klar – dass auf dem RWW wieder viel los ist.

Next stop ist Ümerich

Unmittelbar vor dem Abzweig zum Ümerich hole ich ein Wandergruppe ein. Die beiden Damen am Schluss bleiben kurz stehen, begrüßen mich. Eine erkennt mich an meiner Jacke, sie hat mich bei der Querung des Felsriegels von der Burg aus beobachtet.  Sie wollen nach Mayschoß, bleiben aber auf dem RWW. Ich biege ab zum Ümerich, so wie ich es auch vor einem Jahr getan habe. Diese alte Tour ist die ganze Zeit sehr präsent, ich kann mich noch an ganz viele Details erinnern. Wieder geht es ein Stück bergauf, schließlich stehe ich am Gipfelkreuz. Und kaum habe ich ein wenig verschnauft, höre ich schon wieder Stimmen. Allerdings ist es nur ein einzelner Mann, die zugehörigen Damen (mit Hund) haben es vorgezogen, nicht bis zum Gipfel mitzukommen.

Hier steht ein Bild mit dem Titel: Der Mohrenkopf (liebe Ahrtaler wie heißt das politisch korrekt) darf bei unserem Gipfel-Count nicht fehlen (Foto: Hans-Joachim Schneider)

Schattenriss am Mohrenkopf (Foto: Hans-Joachim Schneider)

Mich zieht es trotzdem weiter, jetzt aber nicht zurück zum RWW, sondern auf den Pfad hinunter nach Laach. Nach wenigen Minuten noch ein kurzer Abstecher zum Mohrenkopf, dann geht es hinunter in die Weinlagen von Laach. Von dort ist es dann nicht mehr weit bis Mayschoß. Jetzt heißt es nur noch zu entscheiden: Wie komme ich nach Altenburg zurück.

Und zurück über den Ahrtalweg

Da es erst kurz nach Mittag ist, beschließe ich die Bahn zu ignorieren und über den Ahrtalweg zurückzulaufen und weiterhin die bunten Herbstfarben zu genießen. Nachdem der Morgenhimmel noch teilweise verhangen war, scheint jetzt fast durchweg die Sonne. Die kleine Schlucht links unterhalb des Bahndamms, durch die ich laufe, fasziniert mich immer wieder aufs Neue. Die Stimmung, die mich hier jedesmal überfällt, ist ambivalent. Ich kann nicht sagen, was es ist. Im Mai fühle ich mich hier wie im Dschungel, jetzt ist es einfach nur befremdlich.

In Altenahr mache ich einen Abstecher in die Winzergenossenschaft, aber mein Lieblingswein, der Blanc de Noir aus dem letzten Jahr, ist aus, und als ich mich für einen Weißburgunder begeistern will, sehe ich, dass sich an der Kasse eine Schlange gebildet hat. Der eine kauft mehrere Kisten, was sehr vernünftig ist, die Kunden dahinter haben unzählige Flaschen diverser Sorten auf der Theke aufgereiht. Der Mann an der Kasse hat die Ruhe weg, bewundernswert. Mir dauert das zu lange. Ich stelle den Weißburgunder wieder ins Regal und verschwinde. Das Stück von Altenahr nach Altenburg ist schnell geschafft.

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